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2025年5月25日 (日)

Über den Hass

Hass richtet sich gewöhnlich gegen andere.

Zum einen als Reaktion.

Wenn einem körperlicher Schaden zugefügt wird – etwa durch Schläge, Tritte oder wenn einem jemand auf den Fuß tritt –, entstehen Schmerz, Überraschung, Wut, Hass und Groll. Unabhängig davon, ob man selbst einen Anlass gegeben hat oder nicht, stehen diese Gefühle im Vordergrund, sobald man von einem anderen verletzt wird.

Das gilt auch, wenn das Gegenüber kein Lebewesen ist. Etwa wenn man an einem kalten Wintermorgen im Haus zur Toilette gehen will und sich den kleinen Zeh an einem Stuhlbein stößt. Nach dem heftigen Schmerz tritt man vielleicht wütend gegen den Stuhl (was meist noch mehr schmerzt) oder beschimpft ihn. Und das, obwohl es sich nur um einen Stuhl handelt. Obwohl man sich selbst gestoßen hat.

Diese Reaktion gilt nicht nur für körperliche Verletzungen, sondern ebenso für seelische. Wenn man beschimpft, beleidigt, angeschrien oder bloßgestellt wird – insbesondere vor Dritten, nicht nur im direkten Austausch mit dem Gegenüber –, dann entstehen ähnliche Gefühle. Ob man selbst einen Anlass gegeben hat, spielt keine Rolle. Anders als bei physischen Schlägen reicht hier das Empfinden allein aus, dass die Worte oder Handlungen des anderen verletzend waren, unabhängig von dessen Absicht oder Gefühlen. Bis hierher entsteht Hass als Reaktion auf das Verhalten des anderen im personellen Austausch. Doch es gibt noch eine andere Quelle.

Die zweite Form des Hasses entsteht als Kehrseite von Neid und Missgunst gegenüber anderen.

Wenn jemand etwas besitzt, das man selbst nicht hat, nicht haben kann oder nicht haben darf – oder wenn jemand mit Leichtigkeit Dinge tut, die man selbst nicht tut, nicht tun kann oder nicht tun darf –, dann entsteht Neid, Missgunst, Eifersucht. Dies kann sich zunächst gegen das eigene Selbst richten: Man bedauert sich selbst (Selbstmitleid), empfindet Zorn und Hass auf sich selbst (Selbstverachtung, Selbsthass). Doch man kann sich selbst nicht lange bemitleiden oder hassen. Es ist ermüdend und sinnlos. Dann richtet sich der Zorn nach außen. Obwohl es der eigene Neid ist, wird die Frustration auf andere projiziert, als Groll, Zorn, Hass. Im besten Fall wird daraus eine Triebkraft, um sich selbst zu überwinden und neue Wege zu gehen. Doch so einfach ist es meist nicht. Vielmehr schwelt dieser dunkle Affekt oft weiter wie ein unheilvolles, geisterhaftes Flammenleuchten. Hassgefühle verschwinden nicht so einfach.

In Ryūnosuke Akutagawas Rashōmon gibt es eine Szene, in der ein Diener, der vom Leben in die Enge getrieben wurde, plötzlich seine Angst verliert, als er unter dem Rashōmon eine alte Frau sieht, die einem Leichnam die Haare ausreißt. Die Angst, die ihn eben noch gelähmt hatte, wird durch einen Strom von Zorn gegenüber der Alten hinweggefegt. Der Autor führt dieses Verhalten auf das Gerechtigkeitsempfinden des Dieners zurück – wobei dieser seine eigenen Absichten großzügig ausklammert –, doch diese Erklärung überzeugt nicht ganz. Vielmehr scheint es sich um eine umgekehrte Form von Neid oder Eifersucht zu handeln – einen Hass, der aus dem Vergleich entsteht.

Noch kurz zuvor hatte der Diener unter dem Rashōmon gezögert, ob er das "Böse" tun solle oder nicht. Er war in Grübelei und Unentschlossenheit gefangen. Doch dann sah er, wie eine ihm unterlegene, niedrigstehende Alte eine weitaus größere „böse“ Tat ohne jede Skrupel ausführte: das Berauben eines Toten. In diesem Moment, so scheint es, erfasste ihn Eifersucht und Hass. Denn das, was er selbst nicht zu tun wagte, vermochte eine vermeintlich niederere Gestalt mit Selbstverständlichkeit zu vollbringen. Hätte er Mitleid oder Mitgefühl mit der Alten empfunden, hätte er sich ihr angeschlossen und gemeinsam die Toten geplündert. Doch er entscheidet sich für eine überraschende Handlung.

Mit beinahe befreiender Entschlossenheit raubt er die schwache Alte selbst aus. Denn für ihn bedeutete es ein noch größeres Übel, einen lebenden Menschen zu bestehlen als einen toten. In der Handlung der Alten fand der Diener sowohl die Überzeugung für ein Leben im Bösen als auch den Mut, es zu leben. So verschwindet er schließlich entschlossen im Regen der Hauptstadt.

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羅生門 蜘蛛の糸 杜子春外十八篇 (文春文庫 あ 29-1 現代日本文学館) | 芥川 龍之介
羅生門 (まんがで読破) | 芥川龍之介

Wahrlich – David Hume hat es treffend formuliert:

„Die Vernunft ist und soll nichts anderes sein als die Sklavin der Leidenschaften, und kann sich niemals eine andere Aufgabe anmaßen, als ihnen zu dienen und zu gehorchen.“
(Eine Abhandlung über die menschliche Natur, Buch II, Abschnitt III)

Reason is, and ought only to be the slave of the passions, and can never pretend to any other office than to serve and obey them.
A Treatise of Human Nature, by David Hume
Book II. Of the Passions Sect.III. Of the Influencing Motives of the Will

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